Revolution in der Logistikbranche – Was kann der E-Lkw?
Lkws sind unabdingbar. Ohne sie stünden unsere Supermärkte und Briefkästen leer. Doch haben gewöhnliche Lastwagen auch Schattenseiten. Wegen ihrer Dieselmotoren sind ihre Emissionen besonders hoch, sie bremsen in großen Städten den Verkehr aus und erhöhen die Lärmbelastung beträchtlich.
Elektro-Lkws versprechen, das Dilemma zu lösen. Zwar stehen diese Lkws noch vor großen Herausforderungen, trotzdem setzen viele Logistikunternehmen und Spediteure auf eine moderne, elektrische Lösung. Der hohe Energieverbrauch stellt allerdings eine erhebliche Hürde dar. Zusätzlich machen den Herstellern von elektrischen LkW die langen Distanzen, auf denen diese Fahrzeuge eingesetzt sind, zu schaffen. Die Batterien, die für die Fahrzeuge heute zur Verfügung stehen, sind für diese langen Distanzen und das Gewicht dieser Nutzfahrzeuge (noch) nicht ausgelegt.
Wir beschreiben die Vor- und Nachteile elektrisch betriebener Lastwagen und stellen Hersteller elektrischer Lkws vor. Zudem geben wir einen Ausblick, wie die Zukunft des emissionsfreien Lastentransports aussehen könnte.
Lkws mit Elektroantrieb – Vor- und Nachteile
Die Pros und Contras von Elektro-Lkws ähneln denen normaler Elektroautos. Dennoch gibt es wichtige Unterschiede, da Lkws (ähnlich wie Busse und Transporter) in erster Linie Einsatz in Unternehmen finden und deutlich mehr Energie benötigen als PKWs.
Elektro Lkw – Was für ihren Einsatz spricht
Da circa 5 Prozent der europaweiten Treibhausgasemissionen auf Lkws zurückzuführen sind, findet sich der größte Vorteil der E-Lkws in der Nachhaltigkeit. Wie auch Elektroautos produzieren Elektro-Lkws keine Treibhausgase, was sie im Vergleich zu Diesel-Lkws las besonders umweltfreundlich darstellt.
Über weniger Emissionen freut sich jedoch nicht nur unser Planet. Die Verbesserungen machen sich auch im täglichen Leben bemerkbar. Ohne Abgase steigt gerade in Großstädten die Luftreinheit, was die Lebensqualität insgesamt verbessert.
Diesel-Lkws fahren aufgrund ihrer Lautstärke oft nicht früh morgens, spät abends oder nachts. Da Elektromotoren beinahe keine Geräusche verursachen, erlauben Elektro-Trucks das Verlegen der Fahrten auch auf andere Zeiten, um so die Verkehrsdichte zu senken und das Autofahren für alle Beteiligten angenehmer und sicherer zu gestalten.
Während viele Hersteller schon an fahrerlosen Autos arbeiten, sitzt heute noch in jedem Lastwagen ein Fahrer. Ein elektrisches Fahrzeug bringt ebenfalls eine wesentlich angenehmere Arbeitssituation des Fahrers mit sich. Denn geringe Geräuschbelastung und weniger Vibration im Cockpit tragen zu einer ruhigeren und entspannteren Fahrt bei.
Zuletzt sind elektrische Lkws auch für Unternehmen interessant. Treibstoff und Wartung kosten Speditionen viel Geld. Eine elektrische Flotte könnte diese Ausgaben auf ein Minimum reduzieren. Darüber hinaus subventioniert die deutsche Regierung Elektrofahrzeuge, sodass auch die Anschaffungskosten für neue Lastwagen fallen.
Genauso lohnen sich die steuerlichen Vorteile, da der Staat bis Ende 2019 gekaufte Elektrofahrzeuge bezuschusst und sie für zehn Jahre von der KFZ-Steuer befreit.
Was Elektro-Trucks noch aufhält
Die potentiellen Vorteile von Elektrotrucks sind überzeugend. Allerdings stehen dem E-Lkw noch genauso gewichtige Hindernisse im Weg.
So schränkt zum Beispiel die Reichweite der Fahrzeuge deren Einsatz aktuell ein. Ein Diesel-Lkw kann tausende Kilometer zurücklegen und ist in kurzer Zeit wieder aufgetankt, während ein Elektro-Lkw deutlich weniger Reichweite mitbringt. Auch die benötigte Infrastruktur zum regelmäßigen Aufladen der Batterien fehlt noch in großen Teilen Europas, was gerade internationale Fahrten schwierig macht.
Weiterhin ist auch der Anschaffungspreis trotz Subventionen oft viel höher als bei Dieselfahrzeugen. Da nur wenige Elektro-Trucks im Umlauf sind, sind diese Kosten auch durch Gebrauchtkäufe schwer zu senken. In der Regel arbeiten die Flotten der Nutzfahrzeughersteller nach dem Prinzip der sogenannten ‚Total Cost of Ownership‘, d.h. in einem Gesamtkosten Konzept müssen sich die elektrischen Nutzfahrzeuge gegen die Fahrzeuge mit herkömmlichen Antrieben beweisen. Das ist heute im Schwerlastverkehr kaum möglich und das ist auch der Hauptgrund, weshalb es noch einige Jahre dauern wird, bis die eLkw auf den europäischen Straßen zu finden sind.
Unabhängig von Pros und Contras scheinen sich die großen Hersteller einig zu sein, dass Elektromobilität auch im Frachtverkehr die Zukunft ist. Von China über Schweden und Deutschland bis in die USA – Elektro-Lkws sind auf dem Vormarsch.
Lkw mit Elektroantrieb – der momentane Stand der Hersteller
Elektro-Lkw vom Experten MAN
Als einer der weltweit größten Hersteller für Lastwagen hat MAN elektrisch betriebene Nutzfahrzeuge erst sehr spät in Angriff genommen. Der MAN E-Lkw ist zum Testbetrieb bei ersten Kunden im Einsatz: Im September 2018 wurde der erste eTGM (so der Name des E-Trucks) an einen Kunden aus der Logistikbranche übergeben.
Nach einer circa 1-stündigen Aufladung legt der Lkw etwa 180 Kilometer zurück. Was erst nach wenig klingt, ist vollkommen ausreichend: Die Serie eTGM wird hauptsächlich innerstädtisch eingesetzt und ersetzt keine europaweiten Fahrten.
Elektro-Lkw von Mercedes – die S-Klasse unter den Lkws?
Als bekannter deutscher Autobauer ist auch Mercedes im E-Lkw-Markt vertreten. Der „eActros“ befindet sich seit September 2018 bei insgesamt 10 Kunden in der Testphase. Gemeinsam mit diesen Kunden aus Deutschland und der Schweiz wird neben dem Fahrzeug und den Fahreigenschaften das Lademanagement in den Depots der Kunden überprüft und für zukünftigen Flottenbetrieb vorbereitet. Ab 2021 sollen die eActros in Serie ins reguläre Sortiment aufgenommen werden.
Im Bereich der mittleren Lkw fährt Daimler Trucks mit seinem FUSO eCanter bereits seit einigen Jahren in Asien elektrisch. Hier funktioniert das Verteilsystem in den teils sehr engen Straßen der asiatischen Städte dank der Wendigkeit der elektrischen Laster. In vielen dieser Städte wird über Nacht angeliefert, das ist dank der quasi geräuschlosen eLkw inzwischen gut möglich.
Seit 2017 ist das Fahrzeug nun auch in Europa im Einsatz. Mit ihrer Tochtergesellschaft FUSO geht Daimler dieses Thema nun in einer zweiten Tonnage-Klasse an. Der FUSO dient in der Kategorie 3,5 bis 7,5 Tonnen als elektrische Lösung.
Der sogenannte „Future Truck 2025“ ist ein Prototyp, der ein futuristisches Design und viele Connectivity Lösungen zeigt. Dieser schwere Elektro-Lkw von Daimler soll eine Reichweite von 200 Kilometern erreichen.
In den USA hat die dortige Daimler Tochter Freightliner in 2018 die ersten elektrischen Lkw Testkunden übergeben. Mit der Übergabe des ersten vollelektrischen Freightliner eM2 startet Daimler Trucks somit in den USA den Praxistest für schwere und mittelschwere eLkw. Somit testet Daimler gemeinsam mit seinen Kunden in allen Lkw Gewichtsklassen.
Kann Elon Musk auch Elektro-Lkws? Teslas Semi
US-Autobauer Tesla präsentierte Ende 2017 den „Semi“, ein Prototyp eines elektrischen Lastwagens und verspricht dabei 800 Kilometer Reichweite verspricht. Was für die meisten E-Trucks noch nach Zukunftsmusik klingt, soll im Hause Tesla Realität werden. Neben diesen Leistungsversprechen kündigte der US-Autobauer an, den Semi bereits 2019 in Serie zu produzieren.
Ein Schweizer Startup mit hohen Ambitionen – der E-Force Lkw
Das Schweizer Unternehmen E-Force stellt vier verschiedene Elektro-Trucks her und erreicht mit diesen sogar eine Reichweite von bis zu 240 Kilometern. Besonders dabei: Das Solardach produziert bis zu 23 Prozent der benötigten Energie.
Marktführer für E-Lkws: Smith Electric Vehicles
Den meisten Menschen ist Smith Electric Vehicles nicht bekannt. Dennoch ist das Modell „Newton“, ein Leicht-Lkw, laut Angaben des Herstellers der bestverkaufte Elektro-Truck weltweit. Mit 160 Kilometer Reichweite bietet das Fahrzeug genug Reichweite, um beispielsweise einen Tag lang Pakete auszuliefern.
Der Scania Hybrid-Lkw: ein E-Lkw für die letzte Meile
Nutzfahrzeug Hersteller Scania soll jetzt auch elektrische Nutzfahrzeuge auf den Markt bringen. Mit dem Scania Hybrid-Lkw, der als Hybrid und Plug-in-Hybrid erhältlich ist, entwickelte Scania ein Nutzfahrzeug speziell für den Einsatz auf der letzten Meile. Der Hybrid-Lkw soll beispielsweise im Baustellenverkehr in den Innenstädten zum Einsatz kommen – und das natürlich emissionsarm und umweltschonend.
Sonstige Marken im Bereich Elektro-Lkws
Neben den großen Playern am E-Lkw-Markt gibt es einige weitere Hersteller, die Nischenmärkte bedienen oder auf andere Geschäftsmodelle setzen:
- Die niederländische Firma Emoss rüstet reguläre Lastwagen der Marken DAF und Iveco auf Elektroantrieb um – auch wenn weder ein Elektro-Lkw von Iveco noch von DAF in Serie produziert wird. Ein ähnliches Modell verwendet der deutsche Umrüster Framo für seine Elektro-Lkws.
- Ebenfalls aus den Niederlanden kommt die Firma Terberg, die einen elektrischen Sattelzug für den Einsatz auf Flughafenterminals entwickelt hat.
- Der chinesische Hersteller BYD ist mit seinen elektrischen Lkw zwar schon in Serie, verkauft die Fahrzeuge allerdings momentan ausschließlich in China.
Wo liegt die Zukunft des E-Lkws?
Wir sind uns sicher: Die Zukunft des Verkehrs ist elektrisch. Und dazu gehören neben gewöhnlichen Elektroautos auch Lkws. Bei Lasten von über 20 Tonnen und Strecken, die tausende Kilometer lang sein können, wird es aber wohl noch etwas länger dauern, bis der E-Lkw auch auf der Langstrecke Standard ist. Bemerkenswert ist allerdings, wie viel bereits jetzt erreicht wurde. So ist es heute schon möglich, innerstädtischen Lastenverkehr durch elektrische Alternativen zu ersetzen – ein positives Zeichen für mehr Nachhaltigkeit.