Die ersten Erfahrungen mit E-Scootern in deutschen Städten sind geprägt von zwei Arten von Feedbacks. Einerseits wird vom Spaß mit den kleinen elektrischen Zweirädern berichtet. Eine verbesserte Reichweite (im Vergleich zum Fussmarsch) überzeugt bei der Entdeckung einer neuen Stadt und das Cruisen auf gut geteerten Radwegen und Straßen macht Spaß. Andererseits wurden die elektrischen Tretroller in den letzten Monaten gerne zum ‚Monster‘ stylisiert. Sie verstopfen die Städte, nehmen den Radfahrern den Platz auf den ohnehin schon knapp bemessenen Radwegen und dienen jungen Rowdies als Werkzeug zum Angriff auf unbescholtene Bürgerinnen und Bürger.
Die so hoffnungsvoll in Rekordzeit gestarteten europäischen Mobility Startups wie TIER, VOI, Circ sowie deren amerikanische Wettbewerber Lime und Bird beschäftigen sich bei uns, wie übrigens in kaum einen anderen Land der Welt, mit Rechtfertigungen rund um Laufleistung und Sicherheit, anstelle einmal die Einführung eines neuen Mobilitätsdienstes zunächst neutral zu evaluieren. Das ist Deutschland im Jahr 2019.
In Portugal funktionieren E-Scooter im Alltag
Dass es auch anders geht, das beweisen die vielen Millionen Fahrten mit E-Scootern im Ausland. Wie das funktioniert und welche Massnahmen sich dort die Stadtverwaltungen haben einfallen lassen, davon möchte ich hier am Beispiel von Porto berichten.
Im Großraum Porto ist der Berliner E-Scooter Anbieter Circ aktiv
Ich habe bei meinem Herbstaufenthalt in Porto die dortigen Circ Tretroller einmal genauer unter die Lupe genommen. Circ, bis kurz vor seinem Start unter GoFlash firmierend, betreibt in der nördlichen, portugiesischen Metropole seine E-Scooter Flotte und macht das hier so ganz anders, als wir es in deutschen Städten kennen. Wenn man die größeren Außenbezirke von Porto mit hinzunimmt, so kommt die Region auf etwa 800.000 Einwohner. So wird aus dem überschaubaren Touristenmagneten Porto mit seinen 215.000 Einwohnern, plötzlich ein attraktiver Standort aus Sicht eines Mobility Betreibers.
Mein Tipp: THG-Prämie einlösen – viele E-Autofahrer vergessen es
Vielen Elektroautofahrern ist gar nicht bekannt, dass sie – Jahr für Jahr aufs neue – danke E-Auto ein Anrecht aufs Einlösen der sog. THG-Prämie haben. Diese Prämie belohnt E-Autofahrer für ihren Beitrag zum Umweltschutz.
Das Problem ist jedoch, dass die THG-Prämie dem Begünstigten nicht einfach zufällt: Sie muss vielmehr „eingelöst“ werden. Und das lohnt sich, erhält die im Fahrzeugschein registrierte Person (auch bei Leasing) eine nette, dreistellige Summe (2023. ca. 300 bis 400€, 2024 jedoch nur bis zu 100€)
Zum Einlösen kann man auf diverse Anbieter zurückgreifen, die sich um die Bürokratie kümmern. Selbst einreichen kann man die THG-Quote nicht.
Einen guten Überblick über die verschiedenen Anbieter haben wir bei diesem THG Quoten Vergleichsportal gefunden.
Wo betreibt Circ seine E-Scooter im Großraum Porto?
Mir scheint, als haben die meisten der E-Scooter, E-Roller und Car-Sharing Anbieter diese Größe der Stadt noch überhaupt nicht richtig wahrgenommen, denn einzig Circ ist im Großraum Porto bereits aktiv. Deren elektrische Tretroller fahren bereits an beiden Ufern des Flusses Douro. Nach Maia, Gondomar und Matosinhos (nördlich des Douro) ist Vila Nova de Gaia die vierte Stadt in der Metropolregion Porto, in welcher wir die elektrischen Tretroller von Circ im Sharing Angebot finden.
In der Altstadt von Porto gibt es keinen einzigen E-Scooter im Sharing Angebot
Dabei fällt vor allem auf, dass es im Stadtzentrum von Porto keinen einzigen Circ E-Scooter gibt. Und das ist gut so. Denn die Topographie der Stadt Porto mit ihren steilen Hügeln vom Ufer des Douro weg, die schlechten, meist gepflasterten Straßen und der nicht enden wollende Strom an Touristen würden eine Fahrt mit einem E-Scooter nicht zu einem Vergnügen machen. Von daher ist das gesamte innere Stadtgebiet von Porto für den Sharing Anbieter gesperrt, siehe die rote Fläche unten im Bild. Bang!
E-Scooter für die Touristen auf den gut ausgebauten Wegen am Douro und an der Atlantikküste
Die Stadt Porto geht jedoch noch einen Schritt weiter. In Villa Nova de Gaia, also der sogenannten Schlafstadt von Porto am südlichen Teil des Douro gelegen, sind ebenfalls Bereiche von der Nutzung ausgeschlossen. Hier dürfen lediglich an der Uferpromenade bis hin zur Atlantikküste die E-Scooter fahren.
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Hätten Sie es gewusst…?
Seit wann können Touristen E-Scooter in Porto nutzen?
Der Gemeinderat brachte den Sharing Anbieter Circ dazu, seine elektrischen Scooter per GPS Erkennung in der Altstadt zu stoppen. Auch ein Abstellen der Zweiräder ist hier in Gaia streng reglementiert. Das Pilotprojekt umfasst zu diesem Zeitpunkt 150 E-Scooter und 19 Sammelstellen in der Nähe der See- und Flussgebiete der Gemeinde, um der lokalen Bevölkerung und allen Besuchern diese neue Form der Mobilität zu bieten. So testen Gemeinde und Circ gemeinsam den Einsatz der E-Scooter.
Eine weitere Ausdehnung des Circ Sharing Services in der Region Porto finden wir im nördlich der Innenstadt gelegenen Bezirk Maia. Hier wird das Unternehmen Circ die Zahl seiner Fahrzeuge entsprechend der Nachfrage in den kommenden Monaten anpassen. Hier offeriert das Mobility Startup zwei verschiedene E-Scooter Modelle. Darunter wird in Portugal erstmals das neue, vom Unternehmen selbst entwickelte Modell mit verstärkten Aufhängungen, Doppelbremsen, Signal-LEDs und größeren Rädern sein.
Welche Strategie verfolgt die Stadt Porto in Sachen E-Scooter?
Was sind die Folgen dieser strikten regionalen Abgrenzung aus Sicht der Stadt Porto? Nun, die E-Scooter werden von Touristen und von Einheimischen ausschließlich an den gut ausgebauten Strandpromenaden entlang von Fluss oder Atlantikstrand genutzt. So kommen die Fahrer überhaupt erst nicht auf die Idee, mit den elektrischen Tretrollern die viel bevölkerten Straßen der Altstadt zu nutzen. Und wenn man dann einmal einen E-Scooter in den Parks von Porto sieht, so sind dies die eigenen Fahrzeuge der Bewohner. Sie werden abends mit in die eigenen Wohnungen genommen, stehen nicht auf Gehsteigen im Weg und ihre Fahrer haben Erfahrung im Handling der Tretroller.
Wenn man überhaupt einen E-Scooter von Circ im Stadtgebiet sieht, so ist er meist in einer kleinen Gruppe geparkt. Ich habe in der Woche in Porto nicht einen Circ E-Scooter am Straßenrand liegend oder gar im Wasser des Douro gesehen, in Porto geht das alles sehr geregelt ab.
Was kostet ein Circ E-Scooter in Porto?
Das Entsperren der E-Scooter kostet wie überall in Europa einen Euro zuzüglich 0,15 € pro gefahrener Minute. Als zusätzlichen Goodie bietet Circ allen Benutzern, die in den vom Stadtrat angegebenen Bereichen parken, einen Rabatt von 50% auf die Freischaltung der nächsten Fahrt an.
Mein Fazit zur Mobilitätslösung von Circ in Porto
In Porto haben sowohl die Stadtoberen, als auch das Mobility Startup Circ die Mikromobilitätslösung komplett durchdacht. Die wendigen E-Scooter sind zunächst einmal in den für sie schwierigen Gegenden, im wesentlichen dem gesamten Stadtgebiet des alten Porto, nicht erlaubt. Hier wären sie den Fahrern auch kaum von Nutzen, sowohl die steilen Gassen, als auch die Pflastersteine und Schlaglöcher bedeuten dafür keinen Spaß.
Dort wo die E-Scooter jedoch genutzt werden können, da stehen sie sowohl den Touristen, als auch den Einheimischen zur Verfügung und werden lebhaft genutzt. Entlang des Ufers des Douro, am Atlantik oder auch in den Vororten für die Nutzung des letzten Meile, hier findet man die elektrischen Scooter im Einsatz. Sie sind aus portugiesischer Sicht geradezu ordentlich geparkt, niemand fühlt sich gestört und selbst die neuen Nutzer kommen mit den Anforderungen von Gelände und Verkehr gut zurecht. Auf den Fahrradwegen, aber auch auf den breiten Gehwegen entlang des Flusses, dürfen die E-Scooter fahren und sind hier voll akzeptiert. Die Nutzung der E-Scooter ist hier deutlich entspannter als in deutschen Städten. Sie gelten hier als Teil des Mobilitätsangebotes der Stadt, ihre Nutzung ist unverkrampft.
Keine Frage: die Stadt Porto hat den Einsatz der E-Scooter im Sharing gut durchdacht und mit klaren Ansagen eine Lösung geschaffen, die für Einwohner und Besucher zugleich eine echte Alternative bietet. So geht moderne Mobilität heute. Liebe Stadträte in Deutschland, kommt nach Porto und schaut euch die wirksame Umsetzung dieses Mikromobilitätsdienstes hier einmal an.
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1 Gedanke zu „E-Scooter Sharing in Porto – so wird das gemacht“