Batterien für Elektrofahrzeuge – wie weit ist eine Fertigung in Europa?

Aktuell Fahre ich: BMW i3

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Bildrechte: Toyota

In den letzten Jahren gab es verstärkt Spekulationen über eine mögliche Batterieproduktion für Elektroautos in Europa um von anderen Märkten, Ländern und Kontinenten unabhängiger zu sein. Wie steht es um diese Pläne? Ist eine Zellfertigung in der EU realistisch und sinnvoll und wie sieht es mit dem Nachschub der Rohstoffe für die Elektroauto Batterien hiesiger Hersteller aus?

Die Chinesen von CATL planen eine Batterieproduktion in Thüringen

Vielleicht war es der Vorstoss der chinesischen Firma CATL (Contemporary Amperex Technology Co.), der in Berlin und Paris den Anstoss gab. Bereits im Sommer 2019 unterzeichnete CATL einen Vertrag mit der deutschen Regierung für den Bau des Werkes in Erfurt mit 600 Arbeitsplätzen. Langfristig werden hier bis zu 1’000 Arbeitsplätze entstehen. Bis zum Jahr 2022 soll das Werk komplett errichtet sein. Dafür investiert das chinesische Unternehmen mehr als 250 Millionen CHF.

CATL wird durch den deutschen Automobilhersteller BMW unterstützt

Der deutsche Autobauer BMW vergab an CATL am gleichen Tag noch einen Auftrag über 1.6 Mrd. CHF. Weitere knapp 3 Milliarden CHF gehen an CATL in China. Die Kapazität im Erfurter Werk reicht eben noch nicht aus. BMW arbeitet in Erfurt eng mit CATL zusammen. Die Ausstattung des Werkes ist teilweise von BMW finanziert. Damit möchte sich auch BMW einen Weg in die Zukunft sichern.

Neben Lithium-Ionen-Batterien sollen hier auch stationäre Energiespeicher vom Band laufen. Geplant sind 14 Gigawattstunden Produktionskapazität inklusive eigener Forschung, Entwicklung und Logistik für die Elektroauto Batterien. Es gibt zusätzlich ein Wachstumsszenario auf eine mögliche Kapazität von 100 GWh.

Welche Strategie verfolgen europäische Hersteller beim hiesigen Bau von Elektroauto Batterien?

Die Strategie ist es, möglichst viele europäische Hersteller von Elektroautos zu versorgen und mit kurzen Wegen und schnellen Reaktionszeiten auf die Kundenwünsche ein unkompliziertes Angebot zu schaffen. Damit möchte CATL im europäischen Markt der Automobilindustrie Fuss fassen. Bislang versuchten deutsche Autohersteller in China einen Fuss in die Tür zu bekommen. Nun könnte diese Strategie umgedreht werden. Möglicherweise möchten europäische Länder dem jedoch entgegenwirken.

Battrion investiert in Dübendorf

Die jüngsten Ankündigungen für Investitionen in Batteriefertigung kommen ausgerechnet hier aus der Schweiz. Als Batterie-Spinoff der ETH Zürich hat Battrion in Dübendorf eine Kleinserienfertigung für Batterieelektroden mit einer Kapazität von 20 MWh pro Jahr aufgebaut. Die Kunden stammen vornehmlich aus der Automobilindustrie, der Aufbau der Produktion in Dübendorf nahe Zürich umfasst laut Battrion eine Gesamtinvestition in Höhe von drei Millionen CHF. Doch dabei soll es nicht bleiben: die Battrion Technologie soll nachhaltig zur Fertigung im GWh-Bereich fit gemacht werden. Damit sollen Elektroautos zukünftig 400 Kilometer an Reichweite in nur 15 Minuten laden können.

Warum baut CATL ausgerechnet in Thüringen eine Fabrik?

Thüringen steht als deutsches Bundesland für ein relativ niedriges Lohnniveau. Gleichzeitig liegt es sehr zentral. Zu BMW sind es auf der Strasse vier Stunden. VW in Wolfsburg ist in drei Stunden erreichbar. Die beiden Batteriefabriken von Daimler in Kamenz (Sachsen) sind ebenfalls nur drei Stunden entfernt. Zudem hat Thüringen ein besonders hohes Aufkommen von Absolventen der Studienfächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT-Fächer).

Das Gewerbegebiet Erfurter Kreuz ist 30 km von der TU Ilmenau und 60 km von der Uni Jena entfernt. Die Uni Ilmenau verfügt über Schwerpunkte in den Bereichen E-Mobilität, Mobilität und hybride Antriebskonzepte. Wichtige Nachwuchswissenschaftler sind also nicht weit. Zudem rührte die deutsche Politik die Werbetrommel für den Standort und 7.5 Millionen Euro flossen an Zuschüssen.

Insofern ist die Thüringische Situation durchaus vergleichbar der Situation in Dübendorf, hier besteht ja eine enge Verbindung zur nahe gelegenen ETH in Zürich.

In Schweden bauen Siemens und Northvolt ebenfalls eine Batteriezellen-Produktion auf

Siemens investiert 11.3 Millionen CHF in die Fabrik des schwedischen Batteriebauers Northvolt. Zudem liefert Siemens die notwendigen Techniken für die Automatisierung und die Digitalisierung. Im Jahr 2020 ist der Start der Produktion mit 2.500 Mitarbeitern erfolgt. Die Kapazität genügt offenbar für die Ausstattung von jährlich 400’000 Elektroautos. Diese Kooperation soll den chinesischen Herstellern Konkurrenz machen.

Frankreich und Deutschland ergreifen die Initiative zum Aufbau einer Batteriezelle-Fabrik

Frankreich und das Autofahrerland Deutschland realisieren eigene Pläne. Insgesamt sollen knapp 2 Milliarden CHF in einer exklusive nFörderung des Aufbaus einer Batteriezellen-Fabrik fliessen. Die beiden Länder möchten dieses Vorhaben gemeinsam umsetzen. Das Geld kommt zunächst mit 1 Milliarde von Deutschland bis zum Ende des Jahres 2021. Den Rest stellt Frankreich anschließend bereit. Damit sind die beiden Länder unabhängiger von der EU, was für erhöhte Flexibilität sorgen kann. Die Produktion der Batterien für Elektroautos sollen Unternehmen allerdings ohne staatliche Beteiligung durchführen.

Die Fahrzeughersteller Renault, Peugeot, VW und Audi haben Pläne für eine eigene Produktion von Batteriezellen. Vorangetrieben wird das Unterfangen von den Regierungen der beiden Länder, um somit ein Stück unabhängiger vom asiatischen Markt werden zu können. Dazu gehört nicht nur die Batteriefertigung. Auch für Schlüsselinnovationen im elektro-mobilen Segment stehen zukünftig Fördermittel bereit.

Weitere Investitionen in Deutschland für Batteriezellen von Elektroautos durch neue Konsortien

In Deutschland regen sich zudem Pläne für eine Batteriezellen-Produktion durch die BMZ-Gruppe, Custom Cells Itzehoe, EAS Batteries, Liacon und Leclanché aus der Schweiz. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gründete eine Initiative „Forschungsland Batteriezelle Deutschland“ um die Produktion voranzutreiben. Das Projekt mit dem Namen „Forschungsfertigung Batteriezelle“ dieser Kooperation soll die Prozesse einer industriellen Produktion erproben. Eine grosse seriennahe Produktionslinie ist das Ziel.

Eine weitere Zellfertigung in Erfurt oder Braunschweig ist geplant

Auch das Schweizer Unternehmen Blackrock Ressources plant eine Zellfertigung in Deutschland. Mit mehr als 220 Millionen CHF ist eine Fabrik bei Erfurt oder alternativ Braunschweig geplant. Die Kapazität beziffert das Unternehmen auf 100 Millionen Zellen pro Jahr. Das wären genügend Batteriezellen für den Bau von ca. 100’000 Elektroautos.

BASF und Varta wollen ebenfalls in die Batterieproduktion oder die Zulieferung von Teilen einsteigen

Der deutsche Chemiekonzern BASF, der weltweit zu den Grössten gehört, plant ebenfalls in den Markt der Elektroauto-Batterien einzusteigen. Allerdings nicht mit ganzen Zellen. Dafür fehlt dem Konzern das Know-How. BASF möchte sich auf die Produktion von Kathoden spezialisieren und wäre damit ein Zulieferer für die Zellproduktion. Für dieses Ziel investiert BASF Milliarden.

Auch Varta, ein Konzern im Bereich der Batterieproduktion aus Bayern und ausgestattet mit jahrzehntelanger, entsprechender Expertise, möchte in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut eine Batteriezellen-Produktion angehen. Dafür wurde in Ellwangen bereits der Grundstein gelegt, zu den ersten Kunden gehört Porsche.

Unser Fazit zu den Entwicklungen auf dem Markt der Batterien für Elektrofahrzeuge in Europa

Der Markt ist hart umkämpft und europäische Unternehmen kommen offenbar so langsam in die Gänge. Viele Unternehmen mit bislang eher mehr oder weniger Expertise im Bereich der Zellfertigung streben auf diesen gigantischen Markt.

Doch die Nachfrage nach Elektroautos wächst und somit ist genug Platz für neue Anbieter vorhanden. Wenn der Absatz von Elektroautos weiter so rasant ansteigt, dann sind die in diesem Artikel genannten Stückzahlen deutlich zu wenig, um vollständig unabhängig vom chinesischen Markt und dessen Anbietern zu werden.