Insider wissen, dass ich Ende der 90er Jahre in London für ein GE Capital Unternehmen gearbeitet habe. Wenige wissen jedoch, dass ich mit meiner Familie in Fulham im Westen der Stadt lebte. Damals nahm jeder, der in Londons Innenstadt oder City arbeitete die U-Bahn (englisch: the tube). Es war damals nahezu ausgeschlossen, in annähernd gleicher Geschwindigkeit mit anderen Verkehrsmitteln durch die Londoner Innenstadt ans Ziel zu kommen. Ganz gleich ob Auto, Bus oder auch Fahrrad: oberhalb der Erde zu fahren hieß im Stau zu stehen.
Mein täglicher Berufsweg begann und endete an der Putney Bridge, am Ende der Fulham Road. Und genau dort launcht Shell Anfang Januar seinen ersten Electric Vehicle Hub. Vorbei die Zeiten, in denen an einer schmuddeligen, beengten Tankstelle die Verbrennerfahrzeuge ihren Diesel oder Benzin aufnahmen. Jetzt stehen die Zeiten in Fulham auf elektrisch.
Denn Shell hat verstanden, dass die Zunahme der Nutzung von Elektrofahrzeugen viel mit der richtigen Infrastruktur zu tun hat. Die Fahrer von Elektroautos müssen darauf vertrauen können, dass es bequeme und zuverlässige Möglichkeiten gibt, ihre Fahrzeuge aufzuladen. Aus diesem Grund investiert Shell in die Infrastruktur für Elektrofahrzeuge, um den Ladebedarf von Elektroautofahrern zu decken – unter anderem durch die Eröffnung seines ersten EV-Hubs in Großbritannien.
Charging auf der Langstrecke funktioniert
Auf der Langstrecke passiert seit Jahren Einiges. Dank der Tesla Supercharger, dank FastNed oder den Schnellladesäulen von Ionity ist der Einsatz von E-Fahrzeugen auf der Langstrecke kein Problem mehr. Selbst europaweite Touren, wie etwa meine Reise von München nach Oslo, stellen keine großen Herausforderungen mehr dar. Das habe ich in meinem Langstrecken-Bericht für MOTION Magazine ja bereits beschrieben.
Die Herausforderungen für das urbane Laden
Die Experten streiten derzeit, ob wir eher einige wenige Schnellladesäulen in den urbanen Zentren benötigen, oder ob wir quasi jede Strasse einer Stadt mit mehreren AC-Ladesäulen ‚zupflastern‘ sollten. Fast jeder Fahrer eines Elektroautos hat inzwischen die schmerzlichen Erfahrungen mit Falschparkern an öffentlichen Ladesäulen gemacht. Ganz gleich ob das unnötig lang stehende, elektrische Sharing Fahrzeuge sind, oder ob die Ladesäulen gar von Verbrennerfahrzeugen blockiert sind. Das wird bei der Durchdringung des Marktes mit elektrischen Fahrzeugen nicht besser werden.
Von daher kann der Aufbau von Schnellladern durch private Anbieter, wie etwa Aral in Deutschland oder Shell in der UK, auch in der Stadt Abhilfe schaffen. Der Start dieses ersten EV-Hubs in London durch Shell ist somit ein wirklich interessanter Ansatz.
Ein paar Zahlen aus der UK
Zur besseren Erklärung hier ein paar Zahlen aus der UK: Die Zahl der reinen Elektrofahrzeuge auf den britischen Straßen nimmt stetig zu. Nach Angaben der britischen Regierung gab es Anfang 2010 im Vereinigten Königreich rund 9.000 Fahrzeuge mit ‚extrem niedrigen Emissionen (ULEV)‘, darunter sind eben auch Hybride eingeordnet. Zehn Jahre später, Anfang 2020, ist diese Zahl auf 317.000 angestiegen.
In Großbritannien bietet Shell seinen Kunden derzeit ein öffentliches Netz von fast 8.000 Ladepunkten für Elektrofahrzeuge an, darunter auch die vereinzelten Schnell- und Ultra-Schnell-Ladepunkte an Shell Tankstellen. Und jetzt wird also der allererste EV-Hub in Großbritannien eröffnet. Die Baugenehmigung für das Zentrum wurde Anfang 2021 erteilt, und am vergangenen Samstag konnten die ersten Kunden (quasi vorab) kostenpflichtig laden. Offizielle Eröffnung des gesamten EV-Hubs ist am 13. Januar 2022.
Schnellladen in urbanen Zentren – ab Januar in Fulham
In Fulham, werden insgesamt 10 leistungsstarke 175-kW-Ladepunkte verfügbar sein. Bislang kennen wir diese Geschwindigkeiten vor allem von den Schnellladern an den Fernstraßen. Diese ultraschnellen Ladepunkte können bis zu dreimal schneller Strom liefern als 50-kW-Schnellladegeräte, die in der Regel in 30 Minuten von 0-80 % laden. Ziel ist also die schnelle Ladung in ca. 10 Minuten, jeweils abhängig von der Aufnahmekapazität der Akkus des E-Autos.
Mehr über den EV-Hub von Shell in London Fulham
Um sicherzustellen, dass die Kunden die Zeit, die sie mit dem Aufladen verbringen, effektiver nutzen können, wird der Hub auch einen bequemen Sitzbereich für wartende E-Fahrer bieten. Ein in England äußerst beliebter Costa Coffee Store und ein umfangreiches Little Waitrose & Partners Shop-Angebot geben den Kunden die Chance auf eine Tasse ihres Lieblingskaffees mit einem Snack oder den Einkauf.
Der Hub wird ein nachhaltiges Design aufweisen, mit Solarpaneelen auf dem Dach, die erneuerbaren Strom für den Standort erzeugen. Die Ladestationen werden alle mit 100 % zertifiziertem erneuerbarem Strom betrieben. Das Vordach des Hubs wird aus miteinander verleimten Holzplatten gebaut, die in der Herstellung und beim Transport viel weniger Energie verbrauchen als Stahl.
Mein Fazit zum Start des EV-Hubs von Shell in Fulham
Auch wenn der Standort des ersten Shell EV-Hubs in Fulham noch nicht komplett eröffnet wurde, so begeistert mich jetzt schon die Vorgehensweise. Zwischen Baugenehmigung und Standorteröffnung lagen gerade einmal 20 Monate. Der Stadtteil Fulham ist aufgrund des dort verfügbaren Einkommens bestimmt ein ‚dankbarer‘ EV Standort. Damit meine ich, dass dort viele E-Autos vor den Häusern der Bewohner stehen werden und eine hohe Besuchsfrequenz im Hub auf der Fulham Road gewährleistet sein dürfte. Hier werden dann in 10-15 Minuten die elektrischen Fahrzeuge geladen, für die durchschnittlichen Fahrstrecken in London selbst sicherlich ausreichend.
Ich werde mir bei meinem nächsten Besuch in London den Hub einmal ansehen und von den ersten Erfahrungen berichten.