ChargePlace Scotland – Laden ist Regierungssache. Das Laden von Elektroautos ist in Schottland eine ziemlich offizielle Angelegenheit. Während in Deutschland die Bundesländer eher indirekt am Ladenetzwerk beteiligt sind – z.B. über die EnBW in Baden-Württemberg – wird in Schottland das Ladenetz ChargePlace Scotland von Charge Your Car Ltd. im Auftrag des schottischen Parlaments getragen und überwacht.
Bis zur letzten Insel
Mit großzügigen Zuschüssen von Gemeinden und anderen Organisationen hat die schottische Regierung das Netzwerk ChargePlace Scotland, kurz CPS, aufgebaut. Mittlerweile gibt es mehr als 700 Ladestationen über das ganze schottische Gebiet verteilt. Und damit ist nicht nur das „Festland“ gemeint. Bis auf die Shetlandinseln haben es die Charge Points geschafft. Die nördlichste auf der interaktiven Karte eingezeichnete Station ist am Unst Leisure Centre auf der Insel Unst.
Jeder kann sich registrieren
Das Netzwerk besteht aus zwei Seiten. Auf der einen stehen die E-Autofahrer und auf der anderen die „Hosts“, also diejenigen, die eine Ladestation zur Verfügung stellen. Das können sowohl kommerzielle wie auch private Anbieter sein. Sobald die Ladestation bei CPS registriert ist, erscheint sie auf der offiziellen Karten. Jeder Host ist selbst für Wartung und Funktionsfähigkeit zuständig, CPS kümmert sich um den Rest. Das beinhaltet aber z.B. auch die Überwachung der Funktionsfähigkeit und ggf. das Anfordern eines Wartungsteams.
ChargePlace Scotland unterstützt Betreiber
Live angezeigt auf der Karte werden der Ort, die Verfügbarkeit, Anzahl und Art der Stecker und die Schnelligkeit des Ladevorgangs. Kommerzielle Anbieter können zusätzlich ihre Logos anzeigen lassen. CPS hilft auch dabei, den Tarif für die Ladungen festzusetzen und den Überblick über die Einnahmen zu behalten. Einzige Voraussetzung ist die Kompatibilität der Ladestation mit dem Open Charge Point Protocol (OCPP). Dazu zählen: ABB, APT, DBT, Elektromotive, ICU, Ensto Chago und Siemens.
Viele Stationen sind (noch) kostenlos
Für die Fahrer von Elektroautos ist natürlich die Nutzerfreundlichkeit des gesamten Systems von Interesse. Das wirkt auf den ersten Blick simpel und leicht verständlich: Man muss sich einen Online-Account anlegen, die Kreditkarte angeben und eine Zugangskarte anfordern. Diese wird – ebenfalls online – mit Geld aufgeladen (der Jahresbeitrag beträgt 20 Pfund). Dann kann’s losgehen. So erklärt es jedenfalls die Webseite von CPS. Die meisten Ladestationen sind momentan übrigens noch kostenlos nutzbar, wie Rebecca Roper, Community Manager erklärt. Ob das auch so bleibt, ist abzuwarten…
Der Blick nach Deutschland
In Deutschland gibt es solche „einfachen“ Systeme ebenfalls – allerdings nicht zwingend auf Nachfrage des Landes oder des Bundes. Share&Charge beispielsweise bietet mit seiner App die Registrierung privater und öffentlich betriebener Ladestationen an. Außerdem unterstützt das Unternehmen die Betreiber bei Zahlungsangelegenheiten und eventuellen Wartungsarbeiten. Es gibt natürlich auch Netzerweiterungen, die durch Bundesländer mitfinanziert werden. In Baden-Württemberg beispielsweise vorrangig durch die EnBW. Über 100 Schnellladestationen sind in Baden-Württemberg bereits in Betrieb, deutschlandweit unterhält der Stromkonzern, an dem auch das Land Anteile besitzt, mittlerweile über 600 Ladestationen.
Das Pferd von hinten aufgezäumt
Die erste Ministerin Schottlands, Nicola Sturgeon, ist hinsichtlich des Wandels zur E-Mobilität sehr optimistisch. Dem Vorhaben bis 2030 die Hälfte aller Verbrennungsmotoren aus den Städten verbannt zu haben, stellte sie kürzlich die Aussage gegenüber, dass bis 2032 alle Diesel- und Benzinautos in Schottland von den Straßen verschwunden sein sollen. Damit wäre Schottland „acht Jahre vor dem Ziel, das die Regierung Großbritanniens gesetzt hat“, erklärte Sturgeon Anfang September. Um dieses Ziel tatsächlich zu erreichen, muss aber nicht nur ein flächendeckendes Netzwerk der Ladestationen gewährleistet sein. Die Schotten müssen dann auch E-Autos fahren – hier liegt eventuell das größte Problem. Aber vielleicht ist diese Variante – erst die nötige Infrastruktur zu schaffen und dann die Menschen zum Kauf von E-Autos zu motivieren – erfolgreicher als die momentan in Deutschland praktizierte.
„Laden ist Regierungssache“. Darüber diskutiere ich auch ganz oft mit Freunden. Ich denke ganz oft an das Henne-Ei-Problem: Solange die Möglichkeiten des Ladens eher schlecht sind, wächst das Interesse an E-Autos nicht. Und solange das Interesse nicht wächst, sieht auch niemand einen ökonomischen Sinn/Vorteil darin die Infrastruktur auszubauen. Von daher kann ich die Entscheidung Schottlands ganz gut nachvollziehen, obwohl ich grundsätzlich kein Fan davon bin, wenn sich der Staat großzügig in den Markt einmischt.