Mobilität auf der sogenannten ‚letzten Meile‘ beinhaltet eine aus meiner Sicht hochinteressante Fahrzeugart, über die relativ wenig in den Medien berichtet wird. Es geht um die sogenannten elektrischen Roller ( E-Roller ), die in englischer Sprache oder amerikanisch E-Mopeds genannt werden. Die elektrisch angetriebenen Roller mit Sitzbank dürfen im Gegensatz zu den E-Scootern legal sogar zu Zweit betrieben werden. Die für die Fahrt benötigten Helme befinden sich in den Transportboxen auf den Fahrzeugen selbst.
emmy – erfolgreiches Mobility Startup mit Fokus auf E-Mopeds aus Berlin
Wir haben einen der Gründer des größten deutschen Anbieters emmy zu einem Gespräch in Berlin getroffen. emmy ist ein Mobility Startup das ausschließlich auf E-Mopeds fokussiert. Das Startup wurde bereits 2015 in Berlin gegründet. Damals startete emmy mit 150 elektrischen Rollern in der Hauptstadt.
emmy ist als Sharing Anbieter derzeit in Berlin, München und Hamburg mit eigener Marke unterwegs. In Berlin und München gleiten als Elektroroller Modell die Schwalben durch die Straßen. In Düsseldorf bietet man derzeit mit dem Partner Stadtwerke Düsseldorf das Torrot Modell unter dem Namen eddy in grüner Farbe an. In Hamburg hat emmy Anfang 2020 mit dem niu Elektroroller ein neues Modell auf den Markt gebracht.
Unser exklusives Interview mit Valerian Seither, einem der Co-Founder von emmy
Valerian, vielen Dank das du dir ein wenig Zeit für uns genommen hast. Kannst du uns ein wenig zur Gründungsgeschichte und euch beiden Gründern erzählen?
„Wir waren zu Beginn zunächst drei Gründer und haben alle während des Masterstudiums zusammen in einer WG gewohnt. Einer der Co-Founder und ich saßen vor der Gründung noch nie auf einem Roller, einer von uns lediglich ein Mal im Thailandurlaub. Eines Abends saßen wir beim Grillen im Park und haben uns darüber unterhalten, warum von uns aber eigentlich keiner einen Roller hat. Gerade in einer Großstadt fanden wir diese als Fortbewegungsmittel nämlich sehr vorteilhaft. Wir sahen aber auch die Nachteile: man will sich nicht um ein Fahrzeug kümmern müssen (Wartung etc.) und außerdem nicht bei jedem Wetter mit dem Roller fahren. Daher wurde uns klar, dass wir diesen Fahrzeugtyp zwar nutzen aber nicht besitzen wollen und es sich daher ideal für den Einsatz im Sharing eignet. Somit war die Idee für emmy geboren und wir haben uns auf den Weg gemacht.“
Ihr seid Beide Wirtschaftsingenieure, wie teilt ihr euch die Aufgaben in der Geschäftsführung?
„Ja, allein von unserer Ausbildung her sind wir natürlich alles andere als ein heterogenes Führungsteam. Genau deshalb haben wir uns zu Beginn die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten aufgeteilt und sind in unsere Rollen hinein gearbeitet. Ganz grob gesagt kümmert sich Alex um alles nach Innen gerichtete, und ich um alles, was nach Draußen geht. Alex hat also im Wesentlichen die Bereiche Recht, IT und Operations unter sich, während ich mich vorrangig um Marketing, Kundenservice und Investoren kümmere.“
War emmy immer als E-Roller Startup geplant?
„In der initialen Idee ging es tatsächlich um den Roller selbst. Aber noch während des ersten Gesprächs haben wir eine Smartphone-Recherche durchgeführt. Wir sind dabei auf Elektroroller gestoßen und waren überzeugt, dass wir lediglich mit E-Rollern Erfolg haben können. Vor allem die Roller mit Wechselakkus hatten uns direkt überzeugt, denn hier kann die Elektromobilität ihre Stärken ausspielen, ohne mit dem großen Nachteil, der schlechten Ladeinfrastruktur belastet zu werden.“
Ihr betreut drei Städte selbst und habt in Düsseldorf und Stuttgart eine Kooperation mit den Stadtwerken: wie kam es dazu?
„Tatsächlich sind die Stadtwerke Düsseldorf nicht der einzige lokale Partner mit dem wir zusammenarbeiten. Auch den Stadtwerken Stuttgart und ihrem Angebot „stella-Sharing“ stehen wir als Partner zur Seite. Bei der Expansion haben wir gerne mit lokalen Partnern zusammengearbeitet. Wir bringen das Sharing Know-How aus über 14.000.000 (14 Millionen!) zurückgelegten Kilometern mit und der Partner das Wissen über lokale Besonderheiten und das lokale Netzwerk, das ergänzt sich bislang ziemlich gut.“
Wie differenzieren sich E-Roller von E-Scootern?
„Die Roller unterscheiden sich ganz grundsätzlich nach ihrem Einsatzfall. Mit unseren E-Rollern liegt die klassische zurückgelegte Distanz im Schnitt bei etwa 5 km und ersetzt so häufig eine Autofahrt. Die E-Scooter werden lediglich für Strecken von etwa einem Kilometer Länge genutzt – eine häufige Distanz die alternativ zu Fuß zurückgelegt wird.“
Im Gegensatz zu den E-Scootern steht es um die E-Roller Anbieter eher ruhig, woran liegt das?
„In den Markt für E-Scooter ist in kurzer Zeit deutlich mehr Geld geflossen. Den Anfang haben Bird und Lime gemacht, gefolgt dann von vielen weiteren E-Scooter Projekten, die sich in anderen Städten und Ländern etabliert haben. Diese Fahrzeuge haben lediglich einen Bruchteil unserer Anschaffungskosten, so kann ich als neuer Anbieter auch leichter eine eigene Flotte aufstellen und somit „einfacher“ in den E-Scooter Markt einsteigen.“
Was ist denn euer typischer Kunde? Gibt es den und gibt es Unterschiede zwischen den Städten in denen ihr aktiv seid?
„Wir sprechen in den Städten immer eine sehr ähnliche Zielgruppe an. Unser typischer Kunde ist um die 30 Jahre alt, Carsharing-Nutzer und (leider weiterhin) überwiegend männlich.“
Wieviele Mitarbeiter habt ihr heute und wie sind die aufgestellt?
„Wir haben derzeit knapp 200 Mitarbeiter. Ein großer Teil ermöglicht unsere Operations, das sind dann unsere Akku-Tauscher und Werkstattmitarbeiter in unseren jeweiligen Standorten. Der Rest sitzt mit uns in unserem Hauptquartier in Berlin. Wir haben es erfreulicherweise bisher geschafft, ein sehr buntes Team mit ganz unterschiedlichen Backgrounds zusammenzustellen. Alle eint uns der Antrieb, mit einem richtig guten Mobilitätsprodukt den Markt aufzumischen.“
Wie war denn das Jahr 2019 für euch? Heisser Sommer heißt viele E-Roller Fahrten und damit gutes Wachstum?
„Dem ist nichts hinzuzufügen. Nein Spaß beiseite: Ja, aber nicht nur auf Grund des Wetters war das Jahr 2019 ein erfreuliches Jahr. Wir haben viel Arbeit in unsere Prozesse und Systeme gesteckt und konnten uns so weiter professionalisieren. Außerdem haben wir eine komplett überarbeitete App ausgerollt. Alles mit dem Ziel, dem Kunden den bestmöglichen Service zu liefern.“
Wie geht es bei euch weiter? Habt ihr neue Städte geplant?
„Wir sind mit emmy Marktführer in Deutschland. Diese Marktführerschaft wollen wir ausbauen, aber brennen auch darauf, nun auch im Ausland zu expandieren. Schon sehr bald können wir unseren nächsten Schritt verkünden.“
Valerian, zum Abschluss – du hast einen Wunsch frei, was wünschst du dir?
„Ich würde mir wünschen, die Höchstgeschwindigkeit von Elektrorollern auf 55 km/h anzuheben, denn das ist ohnehin ja bereits bei Roller-Oldtimern (beispielsweise der alten Schwalbe) erlaubt. Das würde eine bessere Akzeptanz des Fahrzeugtyps im Straßenverkehr ergeben.“
Valerian, wir danken dir sehr für deine Zeit und wünschen dir und dem emmy Team viel Erfolg bei eurem weiteren Wachstum. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, wie großartig die Fahrt auf einem elektrischen Roller ist. Neben dem Spaßfaktor überzeugt mich die echte Effizienz dieser E-Mopeds – wer einmal durch Berlin oder München auf einem E-Moped die diversen Staus dank der Wendigkeit der E-Roller umgehen konnte, der bevorzugt diese Fahrzeuge deutlich gegenüber den Autos der Sharing Anbieter.
Abschließend noch ein paar Zahlen zu emmy als dem deutschen Marktführer für E-Roller Sharing
- Gegründet 2015 in Berlin
- Ca. 200 Mitarbeiter aus mehr als 20 Nationen
- Betrieb der E-Roller Flotte unter dem Namen emmy in Berlin, München und Hamburg
- Insgesamt mehr als 2.000 Elektroroller im Einsatz
- 250.000 Kunden nutzen emmy mit Hilfe der Sharing App
- Über 14 Millionen Kilometer wurden von den Kunden zurückgelegt
- Mehr als 2,8 Millionen Fahrten absolviert
- Fahrpreis: 0,23€ pro Fahrminute und 0,13€ pro Parkminute
- Tagespreis 29€ für die Zeit (0-24 Uhr)
- Pakete mit günstigeren Minutenpreise existieren für 200 und 500 Minutenpakete.