Klima-Paket und Mobilität – Durchbruch oder Mogelpackung?

Ist das neue Klima-Paket der große Durchbruch oder eine Mogelpackung? Wer am Wochenende den Blätterwald und das Netz durchforstete, der stellte selbst bei konservativen Medien schnell fest, dass der Koalition mit ihrem Maßnahmenkatalog kein großer Wurf gelungen ist. Und das, nach den beeindruckenden Demonstrationen weltweit am Freitag – Friday for Future – unser Bild zeigt den Marsch in Augsburg.

Was ist aus der Klimakanzlerin geworden? Mich erinnern die derzeitigen Schritte unserer Politik an den schlaffen Auftritt unserer Fussball Nationalmannschaft im letzten Jahr in Russland. Nur dass es in Sachen Klima um deutlich mehr geht, als um den Weltmeistertitel einer Sportart. Die Kanzlerin, die zuvor von einer Verabschiedung von ‚Pillepalle‘ sprach, machte auch deutlich, dass Politik eben auch das sei, ‚was möglich ist‘. Reicht das? Wir schauen genauer hin.

Die Ausgangsbasis – CO2 Emissionen des Verkehrs in Deutschland sind auf dem Stand von 1990

Das ist die Ausgangsbasis. Ungefähr ein Fünftel des in Deutschland ausgestoßenen CO2 geht auf das Konto des Verkehrs. Davon stammen ungefähr 96 Prozent direkt von Pkw und Lkw. Erschwerend für die Situation kommt hinzu, dass anders als in anderen Bereichen die CO2-Emissionen des Verkehrs seit 1990 nicht gesunken sind. Bis zum Jahr 2030 müssen aber die Emissionen von ungefähr 160 auf 95 Millionen Tonnen sinken, so ist es verabschiedet. Da braucht es drastische Maßnahmen, um diese Absenkung hinzubekommen, da reicht kein Zögern.

Was sind die wichtigsten Maßnahmen im vorgelegten Klima-Paket aus Sicht der Mobilität?

Schauen wir uns einmal genauer an, was da in der langen Nacht von Donnerstag auf Freitag herausgekommen ist. Es gibt im Massnahmenkatalog durchaus einige interessante Ansätze. Die Frage ist jedoch, ob wir mit den Beschlüssen auch nur annähernd die Wirkung erzielen, die wir für die Erfüllung der hohen Zielvorgaben benötigen.

Der Umstieg auf Elektroautos wird deutlich attraktiver

Das Klimapaket der Bundesregierung incentiviert den Kauf von Elektroautos. Aus 80.000 E-Autos, die heute in Deutschland zugelassen sind, sollen bis 2030 zwischen sieben und zehn Millionen Fahrzeuge werden. Dafür werden die Kaufprämien für Elektroautos unter 40.000 Euro Kaufpreis erhöht und die Anzahl der Ladesäulen massiv ausgebaut. Die Dienstwagen Regelung für Elektroautos und Plug-in-Hybride wird bis zum Jahr 2030 verlängert, die Dienstwagensteuer für reine Elektrofahrzeuge bis zu einem Preis von 40.000 Euro von 0,5 Prozent auf 0,25 Prozent halbiert. Bis zum Jahr 2025 genießen Elektroautos Steuerfreiheit.

Verbrenner fahren wird teurer – allerdings nur moderat

Parallel wird das Nutzen von Verbrennerfahrzeugen verteuert. Die Kfz-Steuer soll sich stärker an den CO2-Emissionen orientieren. Die Spritpreise sollen bei Benzin und Diesel um etwa 3 Cent je Liter verteuert werden, bis zum Jahr 2026 dann weiter auf 9 bis 15 Cent je Liter. Letztlich ist genau dieser Entschluss eine echte Niederlage für die Umweltministerin Svenja Schulze (SPD). Zur Erklärung: die Tonne CO2 soll jetzt zehn Euro kosten und stufenweise bis 2025 auf 35 Euro ansteigen. Bei 35 Euro wollte Frau Schulze eigentlich einsteigen. Denn bei 35 Euro würde Benzin um 10 Cent teurer, Diesel um 11 Cent.

Doch die Koalition wirkt hier zögerlich und präsentiert mit einem CO2-Preisaufschlag von 10 Euro = ca. 3 Cent für den Sprit, eine sehr vorsichtige Variante. „Die Bundesregierung hat einen sehr defensiven und mutlosen Plan ausgearbeitet“, kritisiert dann auch der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Gabriel Felbermayr. Bei diesen geringen Mehrkosten ist der Anreiz, sich ein umweltfreundlicheres Fahrzeug zuzulegen, kaum gegeben.

Die Pendlerpauschale steigt auf 35 Cent

Dafür hebt man im Gegenzug die Pendlerpauschale an. Pro Entfernungskilometer können Pendler zukünftig 35 statt bisher 30 Cent von der Steuer absetzen, das Ganze allerdings erst vom 21. Kilometer an und bis zum Jahr 2026 befristet. Hiermit schützt das Paket die Langstreckenpendler und baut gleichzeitig darauf, dass bis 2026 genügend Elektrofahrzeuge erhältlich sind, die dann von diesen genutzt werden könne.

Die Anzahl der Ladesäulen soll deutlich ausgebaut werden

Das ist ja grundsätzlich eine lobenswerte Aussage. Die Forderung nach einer Million öffentlichen Ladesäulen ist für mich allerdings eine fragliche Diskussion. Was wollen wir damit? Es gibt Berechnungen unterschiedlichster Institute, die einen Bedarf von 250.000 bis 350.000 öffentlichen Ladesäulen berechnen. Für die in Summe geplanten 7-10 Millionen Elektroautos in Deutschland, immerhin ein Anteil von 15-24 Prozent am Gesamtbestand an Fahrzeugen, brauchen wir keine 1 Millionen Ladesäulen. Diese würden zum großen Teil kaum genutzt und ihr Betrieb unwirtschaftlich.

Viel wichtiger ist aus meiner Sicht hier der erleichterte Ausbau der Ladeinfrastruktur zu Hause. Wir brauchen einen Zubau an Ladesäulen, der mit dem tatsächlichen Bedarf der Nutzer und mit dem technologischen Fortschritt im Einklang steht. Zu Hause und in den Unternehmen werden die meisten Ladevorgänge der Verbraucher stattfinden. Hier benötigen wir eine Erleichterung bei Einbau der Ladesäulen in Neubauten und vor allem in die bestehende Infrastruktur. Dafür benötigen wir eine Anpassung des Miet- und Wohnungseigentumsrechts und zwar schnell. Davon steht leider nichts im Klima-Paket.

Wie erwartet – das Bahnfahren wird günstiger – das Fliegen teurer

Eines meiner Lieblingsplakate auf den ‚Fridays for Future‘ Demonstrationen war ein ‚Kurzstrecken für Insekten – statt für Flüge‚ Plakat in Hamburg. Es ist ja auch vollkommen unsinnig, dass wir für einen Flug nach Mallorca 19 Euro zahlen und für eine Bahnfahrt von München nach Berlin mehr als 100 Euro. Jetzt kommen also die Fahrkarten mit einem Umsatzsteuersatz von sieben Prozent. Das wurde auch Zeit, liegen wir damit in Europa endlich auf einem soliden Mittelfeldplatz. Zusätzlich wird das Fliegen über Abgaben teurer gemacht. Heute verursacht eine Flugreise durchschnittlich 19x an Treibhausgasen als eine Fahrt mit der Bahn.

Der Öffentliche Nahverkehr soll gestärkt werden

Die Bundesregierung wird dem Öffentlichen Personennahverkehr ÖPNV jährlich eine zusätzliche Finanzhilfe von ca. 330 Millionen Euro gewähren. Seit längerem war allerdings die Anhebung im Jahr 2020 auf 665 und ab 2021 auf eine Milliarde beschlossen. Die Regierung sprach sich hier neu für eine mögliche Erhöhung auf zwei Milliarden aus, so zum Beispiel für die Förderung von 365-Euro-Tickets. Das sind Tickets für den ÖPNV, in welchem Nutzer auf Jahresbasis mit einem Euro pro Tag das öffentliche Netz in ihrer Stadt nutzen können. Das Ticket ist seit einigen Monaten zum Beispiel in Augsburg ein Thema, allerdings konnte sich der örtliche Anbieter bislang nicht dazu durchringen.

Weitere Massnahmen im Rahmen des Klima-Paketes

Die Anschaffung von Lkw mit alternativen Antrieben soll unterstützt werden. Dabei werden auch die umweltfreundlichen neuen Technologien wie etwa Wasserstoff unterstützt. Das Ziel wurde formuliert, bis zum Jahr 2030 ca. ein Drittel der Fahrleistung im schweren Güterverkehr elektrisch oder auf Basis strombasierter Kraftstoffe durchzuführen. Die Regierung plant zusätzlich eine CO2-abhängige Erhebung der Lkw-Maut zugunsten emissionsärmerer Lkw. In gleichem Maße soll die Entwicklung von regenerativen Kraftstoffen aus Biomasse, basierend auf Abfallstoffen, gefördert werden.

Ladesituation für die elektrischen Lkw

Mein Fazit: das vorgelegte Klima-Paket und die Mobilität – Durchbruch oder Mogelpackung?

Mein Eindruck ist, dass die Regierungskoalition sich getreu der Aussage von Kanzleramtsminister Helge Braun aufstellt: „Wir wollen, dass alle Menschen ihr Verhalten ändern, dass sie sich klimafreundlicher verhalten, aber wir wollen, dass sie es freiwillig tun und wir wollen auch, dass sie den Umstieg gut schaffen“. Ob diese freiwilligen Umsetzungen heute allerdings funktionieren, dass darf schwer bezweifelt werden. Ich hatte mir bei diesem Klima-Paket ein wenig mehr Mut gewünscht. Der Verkehrssektor ist einer der Hauptemittenten von CO2 in Deutschland. Ambition bei einem Klima-Paket zur Rettung unserer bereits vor Jahren beschlossenen Vorgaben sieht für mich tatsächlich anders aus. Warten wir ab, wie sich die Berechnungen für die Umsetzungen des Klima-Paketes ausmachen. Ich denke, wir werden um einen neuen, aggressiveren Ansatz nicht umhinkommen.

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