Kein Tag vergeht, an dem nicht über die Grenzwerte der CO2 Emissionen diskutiert wird. Kein Wunder, sind zumindest die Bewohner und die Pendler der Städte inzwischen aufgewacht, da sie selbst von den drohenden Fahrverboten direkt betroffen wären. Je nach Partei-couleur wird in die eine oder andere Richtung gestritten. Den einen gehen die Verschärfungen nicht schnell genug. Den anderen sind Verschärfungen ein Dorn im Auge, da hier Arbeitsplatz- und Wohlstandsverluste drohen.

Wann wurden die Grenzwerte für Pkw festgelegt und wie hoch sind die bislang beschlossenen Grenzen?

Seit dem Jahr 2009 unterliegen in der Europäischen Union Pkw und leichte Nutzfahrzeuge einer CO2-Regulierung. Diese Regelung gilt für die Neuwagen. Das gesetzlich festgelegte Durchschnittsziel von 130g CO2/km für das Jahr 2015 wird dann für die Neuwagen ab dem Jahr 2020 auf 95g CO2/km noch strenger und bereitet insbesondere den Herstellern von großen Limousinen oder SUVs verständlicherweise Schwierigkeiten.

Was macht die Diskussion um Grenzwerte für Nutzfahrzeuge so schwierig?

Besonders schwierig ist die Diskussion um Emissionsgrenzen für Nutzfahrzeuge. So sind die schweren Lkw und zumindest die Reisebusse in der Regel auf Langstrecken unterwegs. Und hier stecken die Hersteller mit ihren Erfahrungen für elektrisch betriebene Fahrzeuge eben noch ganz am Anfang ihrer Lernkurve. Die ersten Elektrobusse werden eben nicht auf der Reisestrecke von Flensburg nach Neapel, sondern auf ganz bestimmten Stadtstrecken in Hamburg, Berlin oder London getestet.

Bei den schweren Lkw kommen die eActros aus dem Daimler Konzern eben auch auf vorhersehbaren Distanzen zum Testeinsatz. Mercedes-Benz Trucks zeigte vor wenigen Tagen seinen vollelektrischen Lkw eActros für den Testbetrieb im schweren Verteilerverkehr im Murgtal. Dort erfolgte die offizielle Übergabe des eActros an das in der Region ansässige Unternehmen Logistik Schmitt. Gemeinsam plant man jetzt die Testdaten auszuwerten.

Ein anderes Beispiel: der elektrische MAN TGM 26.360 E ist für die Citylogistik im Testeinsatz. Der Elektro-Lkw von MAN steuert in einem aktuellen Test mit seinem Kunden Quehenberger hauptsächlich Filialen des österreichischen dm Drogeriemarkts im Stadtgebiet von Salzburg an.

Und wer jetzt auf den Tesla Truck verweist, dem sei erklärt, dass hier nach der vollmundigen Ankündigung Ende 2017 wenig passiert ist. Tesla zeigte einen Prototypen seines Tesla Semi Trucks. Der Elektro-Lkw soll bis zu 800 Kilometer weit fahren und bis zu 104 km/h schnell sein. Leider sind außer einem Prototypen keine weiteren Exemplare, auch nicht für den Testbetrieb, auf den Straßen gesichtet worden.

Daran lässt sich die Tragweite des Problems für die Nutzfahrzeuge erkennen: Reichweite, Wirtschaftlichkeit und letztlich auch die Verfügbarkeit von elektrischen Nutzfahrzeugen für die lange Strecke befindet sich derzeit wenn überhaupt im Testbetrieb.

Die europäischen Grenzwerte für Emissionen von Nutzfahrzeugen sollen jetzt feststehen

Jetzt haben das EU-Parlament und seine Mitgliedstaaten einen weiteren Kompromiss bei den Klimaschutzvorgaben scheinbar gefunden. Konkret geht es bei den neuen Beschlüssen um die Grenzwerte für Emissionen neuer Nutzfahrzeuge. Das sind also Emissionsgrenzwerte für Busse und Grenzwerte für schwere Lkw, die heute noch quasi ohne Beschränkung in die Städte einfahren dürfen.

Strengere Grenzwerte für Emissionen kommen in den nächsten 12 Jahren in zwei Schritten

Die Hersteller von Bussen und Lkw müssen ab 2030 strenge Klimaschutzvorgaben der EU einhalten. Die Vereinbarung sieht eine Senkung der Emissionen neuer schwerer Nutzfahrzeuge um 30 Prozent bis 2030 im Vergleich zum Jahr 2019 vor. Bis zum Jahr 2025 soll mit 15 Prozent weniger Emissionen als 2019 ein Zwischenziel erreicht werden.

Das EU-Parlament wollte ursprünglich noch strengere Emissionsgrenzwerte durchsetzen

Kurz vor Weihnachten des vergangenen Jahres hatten die Mitgliedstaaten diese gemeinsame Position bereits formuliert. Das EU-Parlament selbst wollte damals noch striktere Vorgaben von mindestens 35 Prozent bis zum Jahr 2030 durchsetzen. Doch eine strengere Handhabung scheiterte an der Intervention von Deutschland, Italien und weiteren mittel-europäischen Staaten. Letztlich stehen hinter jeder der Zielvorgaben auch Arbeitsplätze, die wiederum dort in Gefahr sind, wo die Busse und Lkw mit ihren Dieselmotoren gebaut werden.

Wie argumentieren die Hersteller von Nutzfahrzeugen – also von Bussen und Lkw?

Es ist anzunehmen, dass die internationalen Fahrzeughersteller wie Daimler, MAN, Scania, Volvo oder DAF bis zuletzt intervenierten, um zu strenge Vorgaben an Emissionsgrenzwerten zu verhindern. Ihre Erfahrungen mit dem Einsatz alternativer Antriebe wie etwa Elektro-Lkw oder Erdgas betriebener Nutzfahrzeuge auf der Langstrecke halten sich sehr in Grenzen.

Derzeit sind ca. 99% aller Lkw mit Dieselmotoren ausgestattet. Und das wird sich auch aufgrund der langen Lebenszyklen der Fahrzeuge, die bis zu 30 Jahre im Einsatz sind, erst nach und nach ändern lassen. Doch es gibt wirklich sinnvolle Hilfen der Bundesregierung, wenn es um den geregelten Umstieg auf umweltfreundliche Nutzfahrzeuge geht.

Die Förderrichtlinie für energieeffiziente und CO2 arme Lkw im Überblick

Das Bundesverkehrsministerium (BMVI) hat im Sommer 2018 eine Förderrichtline für energieeffiziente, CO2 arme Lkw vorgelegt. Hierfür wurden allein für das Jahr 2018 zehn Millionen Euro bereit gestellt. Pauschal stehen für die Anschaffung von Lkw mit Erdgasantrieb (CNG und LNG) 8.000 Euro für CNG und 12.000 Euro für LNG zur Verfügung. Somit soll der Umstieg auf umweltfreundliche Nutzfahrzeuge unterstützt werden. Für elektrische Lkw ab zwölf Tonnen gibt es eine Förderung in Höhe von 40.000 Euro.

Wie argumentieren die Befürworter einer härteren Regelung für die Grenzwerte von Emissionen?

Die jetzt erarbeitete Regelung für die verschärften Grenzwerte von Emissionen der Nutzfahrzeuge stößt natürlich auch auf Kritik. Der zuständige Berichterstatter des Europäischen Parlaments, Bas Eickhout (Niederlande), kritisierte insbesondere Deutschland, Italien und einige zentraleuropäische Länder für ihre Blockadehaltung gegen schärfere Grenzwerte. Der Grünenpolitiker sieht darin nicht nur einen Schaden fürs Klima, sondern auch langfristig Nachteile für die europäische Industrie. Er spricht hiermit von einem Innovationsdruck, den europäische Nutzfahrzeug Hersteller nunmehr nicht hätten. Das würde aus seiner Sicht langfristig zu Nachteilen gegenüber den Herstellern führen, die sich heute bereits stärker für umweltfreundliche Fahrzeuge einsetzen würden.

Unser Fazit zur europäischen Einigung der Grenzwerte für Nutzfahrzeug-Emissionen

Grundsätzlich halten wir eine Einigung für strengere Grenzwerte für Emissionen im Nutzfahrzeugbereich für sehr begrüßenswert. Nur mit festgelegten Grenzwerten lassen sich für die Hersteller der Busse und Lkw verlässliche Planungen anstellen.

Ganz gleich wie die Lobbyarbeit der Fahrzeughersteller in Brüssel auch zu bewerten ist: die neue Verordnung zu Emissionen wird zunächst einmal dazu beitragen, dass wir weniger Verschmutzung auf den Straßen haben werden. Somit wird sich vor allem in den Städten die Luftqualität verbessern. Mit den Produktinnovationen der Hersteller und weiteren Anreizen, gesetzt durch die Politik, werden die gewerblichen Flottenkunden sukzessive auf emissionsärmere Fahrzeuge umsatteln. Und das ist gut so.