Es war ein Tweet, der mich zu der heutigen Story inspirierte. Diese ‘neue’ US-amerikanische Form der Kommunikation scheint der Ausgangspunkt einer potentiellen Kooperationsvariante zweier globaler Fahrzeughersteller zu sein. Was war passiert?
Tesla CEO Musk gibt mit einem Tweet den Anstoß für eine potentielle Zusammenarbeit mit Daimler
Auf seinem persönlichen Twitter Profil schrieb Tesla Co-Founder und CEO Elon Musk am 19. Dezember des vergangenen Jahres in einer Kurznachricht (hier übersetzt): „Vielleicht wäre es interessant, mit Daimler/Mercedes an einem elektrischen Sprinter zu arbeiten. Das ist ein großartiger Van. Wir werden das abklopfen.“
Was ist dran an den Gerüchten eines neuen Anlaufes zwischen Daimler und Tesla?
Auf der Jahres-Pressekonferenz von Daimler in der vergangenen Woche bestätigte der scheidende Vorsitzende des Daimler Konzerns Dieter Zetsche auf Nachfrage die Gespräche zwischen seinem Haus und Tesla. Angebahnt hatte der ehemalige Tesla Manager Jerome Guillen den Gedankenaustausch im Anschluß an den Tweet von Musk.
Doch wer jetzt den sofortigen Abschluss eines Kooperationsvertrages erwartet, der muss sich wohl ein wenig gedulden. Auch wenn Tesla selbst die schwäbischen Sprinter für seinen Kundenservice einsetzt, so heißt das noch lange nicht, dass damit automatisch eine Kooperation zwischen beiden Herstellern eingeleitet wird. Dieter Zetsche wies demnach noch in der Pressekonferenz auf den vollkommen offenen Ausgang des Gedankenaustausches hin.
Wie weit ist Daimler mit seinem elektrischen Sprinter, kurz eSprinter genannt?
Erst im Sommer des letzten Jahres konnte ich in Hamburg die Präsentation des elektrischen Sprinters und seines kleinen Pendants, des eVito, miterleben.
Der neue eSprinter wird zunächst als Kastenwagen mit Hochdach und einem zulässigen Gesamtgewicht von 3.500 Kilogramm angeboten. Mit einer installierten Batteriekapazität von 55 kWh beträgt die geplante Reichweite des elektrischen Sprinters ca. 150 Kilometer bei einer maximalen Zuladung von 900 Kilogramm. Als zweite Akku-Option soll es ein 41-kWh-Paket für höchstens 115 Kilometer an Reichweite geben. Der Elektromotor leistet 85 kW (115 PS) und liefert ein maximales Drehmoment von 300 Newtonmetern.
Wie wahrscheinlich ist dann eine Entwicklung eines gemeinsamen elektrischen Sprinters zwischen Mercedes-Benz und Tesla?
Eine Kooperation zwischen Daimler und Tesla für die Entwicklung eines gemeinsamen eSprinter kommt wohl, sofern überhaupt gewünscht, erst für eine kommende Variante des elektrischen Nutzfahrzeuges in Frage.
Nach dem Lauch der eVito Fahrzeuge im letzten Jahr ist der eSprinter definitiv eines der elektrischen Fahrzeuge aus dem Daimler Konzern für 2019. Ergänzt wird die elektrische Antriebsvariante in einer mittelfristigen Zukunft durch die Brennstoffzelle. Welche Vorzüge diese Technologie mitbringt, zeigt der Concept Sprinter F-CELL. Dieses Konzeptfahrzeug verbindet Brennstoffzellen- und Batterietechnik zu einem Plug-in-Hybrid.
Es steht also außer Frage, dass der elektrische Sprinter in 2019 den Kunden zur Verfügung stehen wird. Auf Tesla brauchen die Mercedes-Benz Manager hier nicht zu warten.
Daimler hielt vor knapp 10 Jahren einmal Tesla Anteile und beide Fahrzeughersteller kooperierten mit ihren Produkten in den Fahrzeugen
Wir erinnern uns: vor knapp zehn Jahren arbeiteten Daimler und Tesla bereits zusammen. Der Antrieb der Mercedes-Benz Elektro-B-Klasse stammte zunächst von Tesla, bevor die Elektroversion der B-Klasse in 2017 dann wieder eingestellt wurde. In den Tesla Elektrofahrzeugen stecken wiederum die Gangwahlhebel von Daimler.
Daimler machte mächtig Kasse mit Tesla Aktien
Im Mai 2009 kaufte Daimler einen Anteil in Höhe von 9,1% an Tesla für ca. 50 Millionen Euro. Wenige Monate später verkaufte Daimler einen Teil seiner Aktien an den Staatsfonds Aabar aus Abu Dhabi. Mit dem Börsengang im Sommer 2010 und dem Launch des Model S schoss der Aktienkurs auf über 230 US-Dollar. Daimler erzielte umgerechnet 611 Millionen Euro für den Verkauf seiner restlichen vier Prozent.
Welches sind die Wettbewerber der elektrischen Transporter von Daimler und Mercedes-Benz – dem eVito und dem eSprinter?
Da ist aus deutscher Sicht zunächst der Streetscooter zu nennen. An die 10.000 Stück dieses elektrischen Nutzfahrzeugs fahren inzwischen für die Deutsche Post/DHL auf deutschen Straßen.
Die Entstehungsgeschichte des vollelektrischen Streetscooter
Bestens bekannt ist die Entstehungsgeschichte des Streetscooter. Die Deutsche Post fand keinen elektrischen Lieferwagen für Paket- und Postsendungen, baute mit Hilfe eines engagierten Teams aus der RWTH in Aachen schließlich ein eigenes Fahrzeug. Und auch wenn die Postboten vor allem im Winter immer wieder über Probleme mit der Heizung und der Reichweite klagen. Der Streetscooter ist ein Erfolg.
Der Streetscooter für die Lieferung auf der letzten Meile
Der Streetscooter hat sich zu einem der meist beachteten Nutzfahrzeuge für die letzte Meile gemausert. Inzwischen werden die Fahrzeuge auch an ‘externe’ Kunden verkauft. Die Deutsche See oder das Startup UZE setzen die Streetscooter Elektro-Nutzfahrzeuge ein. Bei der Deutsche See wurde gar eine State-of-the-Art-Kälteanlage in dem Elektro-Lieferwagen installiert. Kundenorientierte Anpassungen, das ist eine der ganz großen Stärken des Streetscooter Projekts.
Renault baut mit dem Master Z.E. einen ernsthaften elektrischen Konkurrenten
Der Wettbewerber aus Frankreich ist der Renault MASTER Z.E. Er verfügt über eine Reichweite von bis zu 200 km nach NEFZ. Seine Ladezeit an einer Wallbox mit 7kW Ladeleistung beträgt lediglich 6 Stunden. Der Renault MASTER Z.E. ist als gewerbliches Kasten-Nutzfahrzeug mit einer Nutzlast von 1.000 bis 1.100 kg oder als reines Fahrgestell zu haben. Renault profitiert in seiner Nutzfahrzeugpalette von den Erfahrungen in der Entwicklung von Batterie-betriebenen Fahrzeugen. Mit der Renault ZOE haben die Franzosen zudem einen seit Jahren erfolgreichen elektrischen PKW im Programm.
Unser Fazit zu den Gerüchten eines gemeinsamen Vans von Daimler und Tesla
Daimler hat verstanden, dass es in Sachen Elektromobilität darum geht, die Einführung von Elektroflotten aus einer ganzheitlichen Perspektive zu betrachten. Gerade im kommerziellen Bereich, und dazu gehören die Sprinter Fahrzeuge nun mal, ist es weit mehr als ein Antriebssystem oder ein einzelnes Produkt, welches den Kunden zur Verfügung gestellt wird.
Die Unternehmen brauchen mehr als das. Sie wollen und müssen ihren Transport so effizient, nachhaltig und profitabel wie möglich gestalten. Und bei all dem Druck, der derzeit seitens der drohenden Fahrverbote oder weiterer Auflagen gerade in deutschen Städten existiert, so ist es doch wichtig, eine Produktneueinführung ganzheitlich zu planen und durchzuführen. Das geschieht derzeit mit eVito und eSprinter.
Gemeinsames elektrisches Nutzfahrzeug hätte Charme
Ein gemeinsames Nutzfahrzeug von Daimler / Mercedes-Benz und Tesla hätte jedoch den Charme, dass Kunden ein Produkt einer Kombination von ‘zwei Welten’ erhältlich hätten. Auf der einen Seite die Erfahrung eines Fahrzeugherstellers wie Daimler und auf der anderen Seite die ungestüme, innovative Art des amerikanischen Elektro-Herausforderers. Diese Kombination kann weltweit nur von Vorteil sein, wenn es darum geht, leichte Nutzfahrzeuge zu elektrifizieren und diese Fahrzeuge auf den Straßen zu haben.
Das Jahr 2019 könnte ein Jahr sein, in welchem die Fahrzeughersteller sich durch Kooperationen den riesigen, finanziellen Herausforderungen der Next-Generation Mobility stellen. Aus meiner Sicht wäre ein solches gemeinsames elektrisches Nutzfahrzeug von Daimler und Tesla durchaus eine echte Bereicherung. Wir bleiben dran.